Zeitreise durch Florida

1_TwisterBilder wecken Erinnerungen. Gerüche und Töne auch.
Meine Kindheit fand irgendwo zwischen Ahoi Brausepulver und Clementine’s Waschmittelwerbung statt, tatkräftig untermalt von piepsigen Kinderstimmen, die den Titelsong von “Skippy, das Buschkängaruuuu-huuu” trällerten. Dazu eine Prise Peter Frankenfeld, Hans-Joachim Kuhlenkampff und Ilja Richter – fertig waren die Endsechziger.

Besonders hier in Florida, so scheint mir, ist die Liebe zum Retro auch heute noch ungebrochen. Das findet sich dann im heimischen Einrichtungsstil à la Matlock ebenso wieder wie in der Liebe zu Diner-Restaurants mit schwarz-weiß gekachelten Fußböden und roten Lederbänken. Hier ist man oftmals im Charme des Vergangenen gefangen – irgendwo zwischen den Flintstones und den Jetsons findet man seinen Weg durch die Neuzeit.

Aber mal ehrlich: was wären wir auch ohne Werbefiguren wie das putzige Pilsbury Teigmännchen, den Coca-Cola-Weihnachtsmann oder die ärmelaufkrempelnde “We can do it”-Dame? Und wo könnte all das besser funktionieren als im Land der Disney-Traumfabriken? Nirgendwo anders wird man so schnell vom einundzwanzigsten Jahrhundert in die Fünfziger zurückkatapultiert.

Das Schöne ist aber gerade, dass diese Dinge hier gelebter Alltag sind, und nicht nur Walt Disney’s Magic Kingdom-Besuchern vorbehalten bleiben. Hier fahren die riesigen Retro-Laster leibhaftig mit hundert Sachen an Dir vorbei. Hier kauft man sein Eis eben an einer überdimensionierten Eistüte. Hier sehen die Feuerwehrwagen so aus, als kämen sie gerade von einem Löscheinsatz bei Doris Day, und die Schulbusse haben vermutlich schon Truman und Eisenhower befördert. Und, ja, hier gehören Lincoln Town Cars und sogar pastellfarbene Haifischflossen-Chevy’s glücklicherweise noch ein wenig zum Straßenbild. Autokino, Dunkin’ Donuts, Burger-Romantik und Wurlitzer Music Box. Alles Kulisse für die tagtägliche Zeitreise durch Florida. Herrlich!

2_Strommast_1Hier wirkt Vieles ein wenig angeranzt und in die Jahre gekommen – man pflegt bewusst den Charme der Nostalgie, und bisweilen vergisst der ein oder andere Einheimische darüber, dass hin und wieder etwas Farbe hilfreich wäre. Auch an die tollkühle Überland-Stromversorgung kann ich mich nur schwer gewöhnen, ebenso wie ich beim Anblick der hier weit verbreiteten Metallcontainerbüros mit Auslegeware und Wasserspender immer wieder schmunzeln muss.

Wir sind hier so weit weg von all den fancy Penthouse-Wohnungen und Designerbüros, die uns amerikanische Firmen in ihren Werbespots vorzeigen, wie man es nur sein kann.

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Und dann, irgendwo am Highway, in Sichtweite eines der unvermeidlichen Wassertürme (die jedem noch so kleinen Kaff sofort waschechtes Western-Flair verleihen), findet man sein Traum-Motel: kleine Wohnboxen in windschiefem Reihenhaus-Retro-Look, Parkplatz direkt vor der Eingangstür, knisternde Neon-Leuchtreklame obendrüber… Welcome to the Fifties! Und im Hintergrund krächzt der Anrufbeantworter von Jim Rockford… Fehlt eigentlich nur noch, dass die bezaubernde Jeannie das Licht ausblinzelt und Lassie draußen Wache hält.

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