Neujahrsgrüße, satirisch

WUNDERKERZE kristopher-roller-188180-unsplash

Bevor der letzte Böller kracht
im Dunkel letzter Jahresnacht,
denkt jeder, der des iphones mächtig,
von nachmittags bis mitternächtlich,
nach langen Tagen voll Geschenken
sollt’ er auch mal an andere denken.
Gezückt das handliche Gerät,
tippt ganz verzückt bis nächtens spät
er Neujahrsgrüße, schöne Worte
an Gott, die Welt, in alle Orte.

Mit ein paar Klicks, so eins, zwei, drei
wird schnell verschickt der Einheitsbrei.
Emojis, Filmchen, Albernheiten
und (aus Verseh’n) auch mal Weisheiten.
Ungefiltert, immer weiter –
je doofer, desto weitverteilter.
Geklaut, im Internet gefunden,
kopiert er sich durch viele Stunden.

Es sprudelt, funkt und wortetaumelt –
ein jeder nun am smartphone baumelt,
die Daumen auf der Tastatur
von Mitternacht bis nach drei Uhr.
So wird die ganze Welt beglückt,
wenn man auf „weiterleiten“ drückt
und alles, was schön bunt und funkelt –
egal ob’s auch das Hirn verdunkelt –
großflächig in die Welt verschickt.

Am Ende aber ist’s verzwickt,
denn diese Kurzmitteilungs-Welt,
sich selbst nicht immer NEU erhellt.
So macht zu vorgerückter Stunde
manch Plagiat die Massenrunde
und kommt meist mehrfach – welches Glück! –
am Ende gar zu Dir zurück!

Du schriebst an Klaus in Ibbenbühren,
Erfolge mögen ihm gebühren
im neuen Jahr und immerfort.
Um drei Uhr schickt aus Hilmerfort
Dir Josef selben Text und Bild
samt einem selfie, vogelwild.

Kurz freust Du Dich: wie äußerst nett,
dass Josef an mich denkt, so spät.
Fast(!) hätte es ja auch geklappt,
dann wird er beim Kopier’n ertappt:
Sogar die Fehler sind geblieben –
Du hatt’st Erfolg mit v geschrieben!!

Drum prüfe, was Du weitersendest,
ob wirklich allesDu verwendest.
Und wie wär’s nächsten Jahreswechsel,
wenn eig’neWorte Du mal drechselst,
statt zu kopier’n was and’re dachten,
schön gestaltet auf die Reise brachten.

Persönliches, und selbst geschrieben,
werden Deine Freunde lieben.
Doch kommt ein Jingle tausendfach
von allen Seiten durch die Nacht,
verkommt ganz schnell die nette Geste
zum plumpen Ärgernis.
Verstehste?!

 

© Karin Buchholz 31.12.2018
photo: Kristopher Roller|unsplash