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Buch

Verlag: BoD, Norderstedt
ISBN 978-3-8423-4720-5
Seiten: 140 – Hardcover
Preis: 16,75 EUR

eBook

ISBN 978-3-8448-5547-0
Preis: 12,99 EUR

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Im Mai 2011 erschien Band 2 meiner “Strandgut”- Reihe

12 neue besinnlich-nachdenkliche Geschichten von Menschen und ihren Meeren – Begegnungen, Entscheidungen, dem Auf und Ab des Lebens. Es sind stille Geschichten voller Poesie und bisweilen auch Melancholie, die uns zum Nachdenken und -spüren bringen – intensive Texte, die noch lange in Erinnerung bleiben.

Lassen Sie sich entführen in kleine Fischerdörfer, an stille Strände und besondere Orte, in denen sich der Duft von Salz und Seetang mit den Schicksalen der Menschen mischt und in denen die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Traum und Wirklichkeit verwischen.

Champagner am Kap

Es ist Herbst am Kap der Guten Hoffnung, und der Wind hat heute kräftig aufgefrischt. Er scheucht die fröstelnden Touristen mit wirbelnden Haaren und eilig übergeworfenen Strickjacken und Pullovern vor sich her. Kurz den Blick auf die zwei Meere, die sich hier treffen, schnell ein Foto an dem Holzschild, das die nautische Position des Kaps angibt und vor dem sich schon Tausende vor ihnen haben fotografieren lassen. Dann aber schnell zurück in den geschützten Reisebus oder das kleine Mietauto, das auf dem steinigen Parkplatz wartet. Die Haare zerzaust und durchgefroren machen sie sich auf den Weg zur nächsten Station ihrer Sightseeing-Tour und sind schon bald wieder verschwunden.

Hier herrscht stets ein reges Kommen und Gehen, nur wenige verweilen länger und nehmen das wunderbare, intensive Rauschen der Brandung war, die sich hier krachend zwischen den Felsen bricht und deren Gischt meterhoch in die Luft peitscht.

Ich liebe es, hier zu sitzen, den eiligen Touristen zuzusehen und selbst eine unendliche Ruhe in mir zu spüren. Ich sitze auf einem der Felsen, so dass ich Parkplatz und Brandung gleichermaßen im Blick habe, und mal interessiert mich das eine mehr, mal das andere.

Heute fesselt eine Frau meine Aufmerksamkeit, die ihren Wagen ganz vorn geparkt hat, dort, wo die steinige Küste direkt an den Parkplatz grenzt. Sie ist ungefähr Anfang fünfzig und trägt ein für die Jahreszeit zu sommerliches, festliches Kleid, das um die Taille von einer breiten, roten Schärpe gehalten wird. Sie hat Mühe, mit ihren hochhackigen Schuhen auf dem felsigen Untergrund zu gehen, scheint aber in ihrer Eile keinen Gedanken daran zu verschwenden.

Schnell öffnet sie den Kofferraum und macht sich daran zu schaffen, diverse Gerätschaften stellt sie neben den Wagen und trägt sie schließlich zur Felsküste herüber. Dort entfaltet sie den Klapptisch und baut ihn mühsam zusammen. Einige der Touristen beobachten sie teils neugierig, teils amüsiert und kehren dann zu ihren Fahrzeugen zurück.

Immer wieder legt sie den steinigen Weg zwischen Tisch und Auto zurück und schleppt Stühle, Kisten, Kästen und Tücher sowie einen Blumenstrauß dorthin.

Schon wenig später zerren Windböen an der strahlend weißen Tischdecke und den Bändern, die von dem Blumenstrauß in der blutroten Vase herabhängen. Sektgläser, Flaschenkühler, Platten mit Hors d’oeuvres, Gebäck und kleinen Küchlein, eine silberne Teekanne, ihr bestes Geschirr, alles findet Platz auf dem Tisch am Kap, hinter dem die Brandung weiße Gischt emportreibt.

Trotz ihrer Eile gelingt ihr Werk in beispielloser Perfektion, jeder Handgriff sitzt wie lange einstudiert, und schließlich betrachtet sie alles mit einem aufmerksamen Blick, die Hände vor den Mund geschlagen prüfend, hier und da noch korrigierend, dann zustimmend mit einer finalen Handbewegung.

Sie kehrt zum Wagen zurück, schließt den Kofferraum und parkt ihn einige Meter weiter auf dem Parkplatz. Wieder steigt sie aus, streicht ihr Kleid glatt und blickt sich suchend um. Als der oder die Erwartete nicht erscheint, geht sie zum Tisch herüber und entkorkt geschickt die Flasche, die bislang im Kühler gestanden hatte. Sie gießt sich ein erstes Glas ein, lächelt geheimnisvoll, prostet der Brandung zu und leert das Glas in einem Zug.

Eine ganze Weile wartet sie, worauf auch immer, jetzt in völliger Ruhe und Gelassenheit und offensichtlicher Vorfreude auf ihren entspannten Gesichtszügen.

Sie ist attraktiv, und ich bin gespannt, auf wen sie wartet. Schließlich nähert sich ein dunkler Wagen, der ebenfalls am vorderen Rand des Parkplatzes anhält. Der Fahrer steigt behände aus dem Wagen, öffnet den hinteren Schlag und eine wunderschöne, junge Frau in einem üppigen Hochzeitskleid betritt den Parkplatz, dankt ihm lächelnd, rafft ihr Kleid und geht mit munteren, schnellen Schritten auf die Frau am Tisch zu. Sie umarmen sich, zwei Frauen, die wie ungleiche Kopien ihrer selbst wirken; die eine jung und schlank, die andere etwas in die Jahre gekommen aber dennoch sehr attraktiv, doch beide mit identischer Haarfarbe, demselben porzellanfarbenen Teint, und selbst die zwei kleinen Strähnen, die ihnen beiden in die Stirn fallen, machen jedem Betrachter sofort klar, dass es sich hier um Mutter und Tochter handelt.

Inzwischen sind auch die anderen Personen aus dem Wagen gestiegen – eine kleine Hochzeitsgesellschaft in festlichen Anzügen, offenbar Bräutigam und Trauzeugen, die nun nach allgemeinen Umarmungen am gedeckten Tisch Platz nehmen.

Tischdecke, Schleier, Brautkleid, Bänder – alles wird vom Wind hin- und hergewirbelt in einem ausgelassenen Tanz, der der ganzen Szenerie etwas Leichtes gibt.

Was für ein wundervoller Ort, um eine Hochzeit zu feiern, denke ich und erwische mich bei einem romantisch-verklärten Seufzer.

Die kleine Gruppe nimmt von den Menschen in abgeschnittenen Jeans, Hot Pants und T-Shirts, die mit ihren Rucksäcken und Fotoapparaten um sie herum auf den Felsen herumtrappeln, keinerlei Notiz. Sie sind ganz hier, ganz bei sich.

Die Brautmutter erhebt ihr Glas. Dieses Mal prostet sie ihrer Tochter mit einem zärtlichen Blick zu und berührt liebevoll die Hand des Bräutigams, die auf der weißen Tischdecke liegt.

Die Hand ist schwarz.
Es ist 1997 in Südafrika.

Leserstimmen:

 

Karin Buchholz’ Geschichten verbinden die tiefen Fragen des Lebens mit der Tiefe des Meeres. Am Schnittpunkt der beiden Elemente Land und Wasser angesiedelt, erzählen sie von Umsturzpunkten, den Einschnitten und den Wendepunkten in unser aller menschlicher Lebensgeschichte. Die Themen sind jedem Hörer vertraut – deshalb gehen die Texte uns auch so nahe. Dies funktioniert durch die pointierte aber schnörkellose – weil norddeutsch-trockene – Prosa der Autorin 

Stefan Langfeld | amazon Kundenrezension

 

Ich kann das Buch Strandgut 1, aber auch den zweiten Band, nur jedem ans Herz legen, der gerne vom Meeresrauschen, dem Kreischen der Möwen und von vielen kleinen Muscheln träumt. Die Geschichten entführen den Leser in andere Welten, die aber dank der warmen, genau beobachteten Beschreibungen jedem bekannt vor kommen. Man schließt die Augen und sieht sie vor sich, die rundgeschliffenen Kieselsteine und hört die Brandung. Als ob man selber mit der Autorin an diesem Ort stünde, von dem gerade geschrieben wird. Manche Geschichten sind humorvoll, andere tiefgründig und manche etwas traurig, nie aber langweilig. Mit wunderbaren Worten werden Orte, Menschen und die Natur beschrieben. Ein Buch zum zurücklehnen und genießen!

Meike | amazon Kundenrezension