Humor ist, wenn man trotzdem lacht… und Urlaub, wenn man trotzdem badet
Wie berichtet, testet Florida in diesem Frühjahr mal richtig den Winter – selbst die im allgemeinen Sprachgebrauch übliche Verabschiedung „Take care“ (also: gib auf Dich acht) hat sich allseits in ein ironisches „Stay warm!“ gewandelt. Temperaturen, die inzwischen nahezu schwindelerregende 16 (!)°C erreichen (Tagesallerhöchsttemperatur, selbstverständlich), laden nicht wirklich jeden Urlauber zum Sonnen- oder gar Meer-Baden ein. Einige stahlharte Gemüter können ja aber bekanntlich immer…
Sportliche Betätigung ist ja, wie alles im Leben, eine Sache der persönlichen Einstellung: Während es einige Extremaktivisten gern bis zum Äußersten treiben und sich erst schweißglänzend und keuchend als ganze Kerle fühlen, reicht einer eingefleischten Couch Potatoe schon der wiederholte Gang zum Kühlschrank, um außer Atem zu kommen. Nun, jeder entscheidet eben selbst, wie er Urlaub und Erholung definiert. Zum Glück.
Zu meinem ganz persönlichen Glück bin ich als Mittelding zwischen beiden Extremen mit einem ebensolchen Mittelding auf Reisen, was die Sache deutlich vereinfacht. Da kann ich auch mal ungestraft und unkritisiert auf der Liege abhängen, ohne dass gleich ein betrillerpfeifter Drillseargant neben mir „Im Laufschritt, Marsch, Marsch!“ brüllt und die erholsame Ruhe stört. Ganz ohne schlechtes Gewissen kann ich mich noch einmal genüsslich auf meinem Badelaken wenden und muss kein minutiös durchgetaktetes Urlaubsprogramm ableisten.
Also: könnte.
Dieses Jahr ist ja hier eher das Jahr des Konjunktivs, denn mit Badelakenwetter und den dazugehörigen Wendestrategien und Sonnenstandsbestimmungen ist hier grad gar nicht. Hier ist kalt. Immer noch.
Inzwischen haben sich auch die letzten Urlauber mit dieser Gesamtsituation abgefunden – einige mehr und einige wie immer weniger. Die Letzteren laufen dann meist mit hochgezogenen Schultern, Fleecejacke und vergrätzt-unterkühltem Gesichtsausdruck herum, der allen deutlich verkündet: „Das habe ich nicht gebucht!!“
Andere, eher optimistische Geister, ziehen zu Wollpullover und Winterhose schon mal ihre Flip-Flops an, nach dem Motto: „Ich glaube noch an den Frühling – auch mit kalten Füßen.“ Je nachdem, wer wo weniger kälteempfindlich ist, legt er/sie/es diese Teile des zumeist blassen Selbst schon mal frei, um bei spontanem Frühlingsausbruch rechtzeitig ganz vorne zu sein. Die modischen Kombinationen, die dabei entstehen, sind bisweilen ziemlich grotesk: Shorts, nackte Männerbeine und Sandalen kombiniert mit Fleecejacke und Rollkragenpullover etwa oder nackte (bleiche) Männerbrust, Jeans und Winterboots, dazu das T-Shirt lässig in der Hand getragen… wenn DAS den Frühling nicht lockt, dann weiß ich nicht, was ihn locken soll!
Die klassischen „Mehr-kann-mehr“-Typen übertreiben es dann mal wieder und joggen in Tank-Top und kurzer Sporthose über den Strand. Auf dem Rückweg bevorraten sie sich im nächstgelegenen Supermarkt mit Taschentüchern (Großpackung) für die bevorstehenden nasal-geprägten Tage und Wochen. Ihre wassersportaffinen Kollegen springen dann schon mal bei knappen 11 Grad Wasser- und 8 Grad Luft-Temperatur in die brausenden Fluten – schließlich haben sie ja Badeurlaub gebucht – dann wird auch gebadet. Selbstverständlich.
Ihre Gänsehaut kann ich sogar bis hierher sehen.
So ist also auch in diesem Jahr – Wetter hin oder her – der Laufsteg offen für jeden Geschmack und Un-Geschmack, für Leichtsinn, Show und Übertreibung. Herrlich! Und in meinem Liegestuhl im Windschatten könnte sogar ich ein wenig leichtsinnig werden und ebenso spontan wie übermütig für einen Moment die Schuhe ausziehen…
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