Von Flintstone bis Armstrong – ein Paradies!
Ein kleines, obendrein knallgelbes Mietwägelchen wartet heute auf mich – eine Insel, wenn auch klein, sollte doch erkundet sein! Also los geht’s quer durchs kreisverkehrte Hotel-neben-Hotel-Labyrinth auf die Küstenstraße und mit Meerblick und strahlendem Sonnenschein auf Tour. Das Blau zu meiner Linken ist wirklich nicht zu toppen – oft weiß ich gar nicht, was schöner ist, das nasse Blau mit den vielen glitzernden Sonnenpunkten oder das Himmelblau. Einfach betörend.
Eher verstörend empfinde ich dagegen das, was ich plötzlich zur Rechten sehe: Nichts gegen Felsen und Steine – aber so weit das Auge reicht? Ehrlich: NUR Felsen und Steine, eine riesige Gerölllandschaft, die sich kilometerweit bis ins Sonstwo zieht und durch die – ich traue meinen Augen nicht – tatsächlich halbnackte Menschen laufen: Nackte Oberkörper, Shorts und Wanderschuhe latschen schweißtriefend und sonnenbesengt durchs staubgraue Nichts – die Flintstone’s auf Familienausflug? Kein Baum, kein Strauch, kein Ausbick (außer auf Steine natürlich), jede Menge Staub und noch mehr Geröll. Vegetationslose Diaspora. Herrlich!
Die Unterhaltung beim Frühstück stelle sich meine Phantasie dann gleich mal spontan so vor: “Weisste, ich wollte schon immer mal da hinten lang, wo die drei Millionen Steine zwischen den Felsen rumliegen. Da sieht man gaaaaaar nix anderes als einfach nur Steine und Felsen – einfach klasse. Ganz allein mit dem Staub. Kommste mit?” Und der zweite Heini sagt dann auch noch ja…
Und zuhause dann so:
“Und was habt Ihr so gemacht auf Gran C?” “Toll – echt toll! Geröllwanderung. Keiiiiine Menschenseele unterwegs. Toll, sag ich Dir!”
Auch irrtümlich vom Weg abgekommen scheidet als Lösung aus – da waren noch nicht mal irgendwelche Behausungen in Sichtweite – weder in Richtung woher noch in Richtung wohin. Quo vadis extrem? Irgendeine Mutprobe? Macht man doch eher mit 15 als mit 55, oder? Aber mancher Extremwahnsinn hört eben nie auf. Und dann immer schön noch mehr Sonne auf’n Kopp… Mannmannmann. Hobbys gibt’s!
Vielleicht war’s aber auch Verzweiflung. Ich meine, mal ehrlich: wer kann schon vierzehn Tage “All-in” am Stück ertragen? Irgendwann MUSS man sich dann einfach bewegen – notfalls auch einfach raus ins Nichts. Und wenn man’s dann umbrabraun und staubgrau mag… Dabei gibt’s hier auf der Insel doch deutlich reizvollere Wanderrouten, um sich abzureagieren, oder?!
Viel eher verstehen kann ich da die ganzen Rudel polyesterbehoster Superbiker, die mich hier in den Serpentinen immer wieder lässig überholen. Stramme Waden unter sengender Sonne. Wäre jetzt auch nicht meins, aber immer noch besser als die Geröllheimer Fußmarschtruppe!
Als Trainingsstrecke für die Tour de France oder ähnlich kurzweilige Parcours ist das hier das reinste Eldorado! Rauf. Runter. Wieder rauf. Kurve nach Kurve, und immer Sonne drüber, der Schweiß rinnt ins hautenge Polyester… Für alle Freunde umgeschnallter Trinkfläschchen und dünnbereiften Abstrampelns genau das Richtige.
Also: wenn man denn Biker ist.
Bin ich ja jetzt nicht so…
Ich vertraue da mehr auf meinen kanariengelben Winzling. Etwas schwach auf der Brust kommt er in den Steigungen nicht so recht in die Gänge und die Puste geht ihm besonders beim Anfahren ganz fix aus – aber so wäre das ja auch bei mir, wenn ich jetzt plötzlich Fahrrad fahren würde. Dann doch lieber auf vier Rädern kurzatmig. Finde ich. Ganz persönlich.
Olé!
PS.:
Das unten links auf der Bildercollage ist übrigens ein Hotel –
mussmanwohldazusagen, ne?!
© Karin Buchholz, April 2016