Und noch einmal geht’s auf Wildlife-Erlebnistour durch Florida:

Sollte man einmal das Glück haben, dass ein waschechtes Gürteltier durch die Verandabegrünung kraschpert, fühlt man sich filmreif nach Jurrassic Park versetzt, wo ähnliche Gesellen noch in weit größeren Ausmaßen die Leinwand bevölkern. Diese neuzeitlichen armadillos sind aber anders als ihre animierten Hollywood-Kollegen dermaßen ängstlich und fotoscheu, dass sie schon beim geringsten Annäherungsversuch ihren Schuppenpanzer klappernd ins nächste Gebüsch verfrachten und in Windeseile verschwunden sind.

Kurzbesuch aus der Vergangenheit.

Reiher dagegen sind die Zutraulichkeit in Person. Und enorm geduldig. Egal, ob sie ewig im seichten Wasser nach Fischbeute Ausschau halten oder eines der hiesigen open-air-Restaurants besuchen: sie stehen da, beobachten alles und warten. Absolut regungslos lassen sie sich weder von den hin- und herflitzenden Kellnern noch vom Gelächter der Gäste stören. So ziemlich jede Kneipe hat hier ihren eigenen gefiederten Stammgast, der bisweilen mal dies oder das erbeutet, aber eigentlich (so glaube ich nämlich) einfach bloß gern in Gesellschaft der Menschen ist.

Andere Dauerbesucher sind Geckos – kleine, wieselflinke „Minikrokodile“ (Scherz!), die einem hier auf Schritt und Tritt, auf jeder Mauer, in jedem Busch, auf jedem Weg über die Füße und durchs Bild wuseln. Gern krabbeln sie auch die schon erwähnten screens hoch, um ein Sonnenbad zu nehmen. Als Hausbewohner bekommt  man dann einen ungehemmten Gratisblick auf ihren meist kalkweißen Bauch geschenkt.

Was hingegen den Florida-Werbeträger Nummer 1 (die Rede ist vom rosa Flamingo, nicht von Micky Mouse!)  betrifft, so findet sich dieser mit tödlicher Sicherheit auf jedem nur im entferntesten zum Thema Florida gedruckten Prospekt. Allerdings sieht man ihn eher bei Seaworld als tatsächlich in freier Wildbahn.

Und wenn dann in Seaworld rumstehende Vögel angucken langweilig wird, kann man zur Abwechslung bei Onkel Walt (Disney) mit den Delphinen schwimmen… für Nichtschwimmer wie mich leider kein erstrebenswertes, weil im wahrsten Sinne kurzlebiges Urlaubsprogramm, aber für alle anderen sicherlich ein unvergessliches Erlebnis.

Diese munteren Ausdauerschwimmer kann man aber auch schon mal außerhalb der Parks zu Gesicht bekommen – vorausgesetzt man hat ein gutes Auge, die richtige Location und genug Geduld. In kleinen Herden durchziehen die „flippers“ gern den Intercoastal Waterway – also den Wasserlauf, der zwischen den der Küste vorgelagerten Inseln und dem Festland entlangführt und immer wieder Zugänge zur offenen See bietet. Hier tummeln sie sich, gleiten durchs Wasser, spielen miteinander und hier springen sie dann sogar freiwillig und ohne betrillerpfeiften Funpark-Drillseargent. Einmal in Spiellaune, jagen sie gern den Motorbooten im sprudelnden Kielwasser hinterher. Der ungebremste Übermut findet dann leider bisweilen ein jähes Ende in den Schiffsschrauben, und so sind allerorten Warnhinweise insbesondere für die Boots- und Jetski-Freizeitpiloten angebracht, die wiederum deren Übermut zu bremsen versuchen. Urlauber im Ultimative-Fun-Modus lassen sich aber bekanntermaßen nur schwerlich zähmen – da wäre es dann bisweilen schön, wenn die Delphine lesen könnten…

Florida hat unzählbartausende Quellen, Seen und Flüsse, an deren Ufern sich oft und gern große Schildkröten tummeln. Diese als schwerfällig und langsam verschrienen Panzergenossen lassen sich aber nicht gern aus der Nähe begutachten und tauchen blitzartig vor neugierigen Blicken ab.

Anders die Alligatoren, die ebenfalls gern ein ausgedehntes Sonnenbad an den Seeufern nehmen und sich dabei betont träge geben. Doch wer einmal Zeuge wurde, wie schnell eine vorgeblich schlafende Krokohaut zuschlägt, wenn die richtige Beute unvorsichtig in die Nähe tappt, macht zukünftig gern einen weiten Bogen und vertraut nicht darauf, dass hier das Tier den Rückzug antritt.

Apropos Rückzug: Auch unser Nachbarsköter (Größenordnung doppelte Ratte) war gut beraten schleunigst kehrtzumachen, als ihm neulich beim morgendlichen Gassigang auf dem Fußweg ein ausgewachsener Gator entgegenkam – Morning Walk von einem See zum anderen…

Das nenn’ ich Wildlife auf der Pinkelstrecke! Wer will das denn…??!

Und so wuselt und knistert es hier überall im Gebüsch – Schlangen und Cockroaches habe ich aus Gründen der Tourismusförderung jetzt einfach mal weggelassen – und es gibt immer was zu sehen. Florida Wildlife ist unglaublich vielfältig – es ist nur wie bei allem anderen auch: man muss sich die Zeit nehmen, hinzuschauen und die Geduld haben, vielleicht auch mal ein wenig länger zu warten.

Zum Glück: denn Natur gibt’s nämlich auch im Land der Disney’s, Epcots und Fun-Parks nicht auf Knopfdruck!
(c) kb 2013