Happy Easter Ham – Florida’s kulinarischer Osterangriff

Im Land des BBQ und des traditionellen Thanksgiving-Truthahns und Oster-Schinkens gibt es immer wieder allerlei Kulinarisches zu entdecken, wenn man sich nur tief und ausgiebig genug ins Familiengetümmel stürzt und dabei – neben starken Nerven – auch noch Ausdauer besitzt.

Let’s have an Easter Blast…!

 

Thanksgiving ist gemeinhin DER Tummelplatz für amerikanische Kochfreaks und Küchenaktivisten: ganze Generationen zumeist weiblicher Familienmitglieder glauben aus unerfindlichen Gründen, ausgerechnet an Familienfeiertagen ihre mehr oder minder vorhandenen Kochkünste unter Beweis stellen zu müssen. Doch mit Thanksgiving nicht genug: es gibt ja noch Ostern! Und wie bei allem im Leben zeigen sich auch hier wahre Künstler und Möchtegerns Seite an Seite…

Zwischen den beiden Festen liegen dann glücklicherweise herrliche, zumeist bratenfreie Monate, in denen man sich vom totgekochten Easter Ham oder bröseltrockenen Thanksgiving Turkey wieder erholen kann. Die Köchinnen selbst werden dabei offenbar regelmäßig von einer unheilvollen Amnesie befallen, so dass sich ihre hochgepriesenen Familienrezepte über viele Jahre hinweg zu traumatischen, immer wiederkehrenden Erlebnissen verfestigen können, die mit der Zeit furchterfüllte Vorabfragen auslösen wie: „Wer macht denn dieses Jahr den Easter Ham?“ Eine solch hilfreiche Amnesie bleibt den Eingeladenen bedauerlicherweise zumeist verwehrt… Ich erinnere mich (leider) nur allzu genau an das Easter Ham Rezept von Auntie X. vom letzten Jahr – und ich bin damit nicht allein…

Man nehme also einen bereits vorgekochten Schinken – big family size, es wollen ja schließlich alle satt werden – und setze ihn ebenso wehrlos wie unverständlicherweise weiteren acht(!) Stunden Ofenhitze aus. Gleich welches „Fabrikat“ – sowohl Schinken als auch Ofen – es sein mag: das Ganze wird rettungslos fest und zäh und kann selbst durch handfeste Saucen nicht mehr zur Geschmeidigkeit erweckt werden. Zur allgemeinen Erhaltung des Familienfriedens bleibt einem eigentlich in solchen Fällen nur die über lange Jahre einstudierte und perfektionierte Strategie des „Sorry, too much!“

und das geht so:

Sobald das wackere Tantchen einem gastfreundlich einen Riesenkanten ihres Traditionsbratens auf den Teller gehobelt hat, türme man sich zur Tarnung möglichst viele Beilagen auf den Teller und esse dann geflissentlich um das Trockentier herum. (Die Beilagen und der Truthahnbraten, die vorsorglich anderen ebenso erbarmungsvollen wie könnenden Händen entsprungen sind, sind nebenbei bemerkt, köstlich!) Dann rufe man möglichst laut in die Runde „Oh Gosh, I’m soooo stuffed, I can’t really have any more!“ und gebe sich so den Anschein eines heldenhaften Bratenveteranen. Danach platziere man den Teller, auf dem nun nur noch der unangetastete Schinken thront, direkt neben der Spüle. Gefolgt von einem strahlenden „It was soooo delicious, Dear!“ in Richtung der unheilvoll-glücklosen Köchin mache man sich dann schnellstens davon. Im weiteren Verlauf des Familiengetümmels stehen dann aller Orten verlassene Schinkenbrocken in angetrockneten Beilagenresten herum, die – niemand verliert auch nur eine Silbe darüber – in den Abfalleimer geschabt werden. Alle Jahre wieder…

Nun muss ich aus aktuell gebotener Fairness anmerken, dass dieses Jahr aus ebenso himmlischen wie bisher ungeklärten Gründen auf das traditionsreiche Schinkenessen zugunsten eines zarten, wunderbar-köstlichen Rinderfilets aus dem Repertoir einer offensichtlich deutlich begnadeteren Köchin verzichtet wurde. Seither flüstert die familiäre Gerüchteküche hoffnungsfroh hinter vorgehaltener Hand über eine mögliche Abkehr von überalterten Ritualen und Hinwendung zu einem neuen traditionswürdigen Rezept… Es bleibt allerdings zu hoffen, dass diese Gerüchte nicht bis zu besagter Unglückstante durchdringen – nicht nur, dass sie gekränkt sein könnte, weil niemand mehr ihren Schinken essen wollte, nein schlimmer noch: sie könnte der Versuchung erliegen, nächstes Jahr das Rinderfilet zu vermurxen.

Und dann ist’s wieder wie immer: Niemand traut sich, etwas zu sagen – es handelt sich schließlich um ein heiliges Familienrezept! Und außerdem hat ja schon jeder Wochen im voraus seine Strategie festgelegt. Ein paar härtere Familiencharaktere ertränken das tote Tier schlichtweg in reichlich Alkohol, was bekanntermaßen die Geschmacksknospen ab einer gewissen Menge hinlänglich betäubt. Spätestens nach der fünften Margarita on the Rocks schmeckt ja doch alles irgendwie nach Hühnchen.

Derlei geschmacksabtötende Hilfsmittel wären übrigens auch im lokalen „Denny“ vonnöten gewesen: die hiesige Ausgabe der Traditions-Frühstücks-und-Fastfood-Kette serviert nämlich zu allem, was man bestellt, Bacon, also den allseits bekannten Frühstücksspeck: fett, salzig, aber lecker – wenn knusprig gebraten. Soweit, so gut. Aber wussten Sie, dass Mr. Bacon noch zu viel mehr im Stande ist?

Er kann einem beispielsweise jeglichen Appetit auf eine Nachspeise versauen, etwa wenn man ihn völlig grundlos auf einen maple sundae (also meinen heißersehnten Vanilleeisnachtisch mit Ahornsirup) obendraufbröselt… das ist ja „soooo delicious“ – auch ganz ohne Ostern.

 

Bleibt nur die Frage: Wie übersetze ich eigentlich „örks!“ auf Englisch??

 

 

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