Chill out in Florida – Kalte Ferien für warme Gemüter

1a_FLA-10 Grad

Nach längerer Pause und einem endlosen, kalten deutschen Winter also endlich wieder Florida! Sommer – Sonne – Sand und Mee(h)r – gesagt, getan, gebucht. Doch die böse Überraschung wartete bereits bei unserer Ankunft am Orlando Airport: 6 Grad Celsius! Was sich zunächst noch wie ein fataler Irrtum, eine Laune der verwirrten Natur oder einfach als einmaliger Ausrutscher anfühlte, dauert nun bereits seit gut zwei Wochen an: sozusagen totaler Chill out!

Während der amerikanische Norden und Nordosten von einem Blizzard Winter-Schnee-Sturm nach dem anderen heimgesucht wird und es keine Schneeschaufeln mehr zu kaufen gibt, ist es selbst hier im Sunshine State so dermaßen a….kalt, dass man sich bei Tageshöchsttemperaturen von 10 bis 12 Grad Celsius eher in den deutschen Frühling als an den Golf von Mexiko versetzt fühlt. Nur gut, dass unsere winterliche Abreise in Hamburg uns zwang, etwas Warmes anzuziehen: jetzt haben wir wenigstens warme Pullover dabei und können die leichten Sommerblüschen und –Tops getrost dort lassen, wo wir sie voller Vorfreude hingeräumt haben: im Koffer!

Nun sind wir als deutsche Nordlichter ja gemeinhin in polarkreistauglichem Strick und Handschuhen geboren, wissen also gut, was Kälte bedeutet. Die armen Florida-Boys und –Girls aber, die sich hier schon bei „nur“ 22 Grad Celsius stilsicher in Gänsehaut, Wollmützen und Fellstiefel hüllen, erleben im Augenblick harte Zeiten. Bis zur Unkenntlichkeit vermummt trotten sie seltsam fremd durch die bepalmte Postkartenkulisse und wirken dabei ein wenig wie Bildstörungen. Dazu ein knallblauer, höchst sommerlich anmutender Himmel, der einen immer wieder das Bikiniparadies vorgaukelt, in dem man sich aber nach wenigen Minuten in freier Wildbahn statt Hitzeschlag Husten, Schnupfen und Heiserkeit einfängt. Und dabei reden doch alle von globaler Erwärmung…

Na ja, es gibt ja auch noch andere Beschäftigungen, als sich auf Golfplätzen oder an Stränden im eisigen Wind zu tummeln. In solchen Zeiten neigen Urlauber weiblichen Geschlechts zu ausgedehnten Shopping-Trips, Männer schauen sich im Haus genauer um. Und – natürlich – entdecken sie quasi im Handumdrehen Reparaturbedarf. Das Gen des Heimwerkeraktivisten funktioniert auch im Ausland, und kurz darauf findet man sie im nächsten Home Depot, Lowe’s oder ACE wieder.

Diese amerikanischen Super-Obi’s sind klasse! Hier darf Werbung einfach noch ungestraft alles: versprechen, aufbauschen, laut und monströs und mit unglaublichen Namensschöpfungen daherkommen. Die MegaPowerBox (zuhause ein simpler Kasten mit Ersatzbohrern), das SuperMultiPowerTool Extreme III, das sich dann enttäuschenderweise als bloßer Multifunktionsschraubendreher entpuppt, oder die SuperFastDrillMultiAccellerationPowerMachine XXLDriveIV (im übrigen die mit Abstand einfachste Bohrmaschine, die (selbst) ich je gesehen habe) versprechen auf kraftstrotzenden Rot-Schwarz-Gelb-Plakaten und inflationär vielen Mega-Mega-Super-Aufklebern DAS Gerät des Jahrhunderts. Ich fühle mich sofort ins Land der Binford-Tools versetzt und erwarte fast schon automatisch, dass im nächsten Moment Tim Allen höchstselbst mit dem Ruf nach „mehr Power!!“ aus einem der Regale springt. Wer jemals „Hör mal, wer da hämmert“ im TV gesehen hat, weiß, wovon ich rede.

Ich frage mich dann immer, wieviel Mega die Welt noch braucht und bis wohin man SuperUltraMega eigentlich noch steigern kann.

Eine Frage, die sich mir immer häufiger – und bei weitem nicht nur im Baumarkt – aufdrängt.

 

Wir haben dann einen vergleichsweise langweiligen Mob gekauft, der aber natürlich auch einen superwichtigen Namen trägt (den ich allerdings gleich wieder vergessen habe, sorry!).– Die Regenfälle, die in der ersten kalten Woche unser Urlaubsfeeling noch ein wenig mehr verdeutschtümelten, machten aus unserer sonst so sonnenverwöhnten Terrasse eine kleine Seenplatte. Land unter also – aber simples Wischen allein wäre ja ein all zu profaner Ansatz. Der Profi greift zum Powertool und betreibt Extrem-Mobbing – oder ist das etwas anderes?!

 

© 2013 kb